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Tochter Gottes

Gerade jetzt, wo durch den Tod des Papstes und das Osterfest der christliche Glaube etwas mehr rezipiert wird, reden viele vom Sohn Gottes. Dass Er aber auch eine Tochter hat, wird oft vergessen. Es ist die Sophia - die Weisheit. Aus ihr geboren ward das Wort, das da am Anfang war, Sie war, was da bei Gott war, Sie war, was Gott war, aus Weisheit und Liebe ward das Wort, der erste Logos, das Aufblitzen von Raum und Zeit und die Erscheinung des Adam Kadmon. Und im Raum wirkt die Weisheit fort, in der Zeit aber Gottes Liebe. Darum sagt man, alle Wunden heilt die Zeit und die Liebe. Und da Weisheit die Mutter ist, nennt man das den Raum bildende Materie, von Mater = Mutter. Die Juden sagen dazu Schechina und feiern sie als Königin des Shabats. In den christlichen Glauben hinein hat sich die Marienverehrung erhalten.
Da die Weisheit also in die Materie verhüllt ist, gilt es aus dem Umgang mit der Materie Weisheit zu erschließen. Materie, das ist auch unser Leib und Weisheit entsteht aus der Erkenntnis leib-geistiger Erfahrungen. Das heißt, Weisheit, wenn auch manchmal schwer dem Verstand zugänglich, schwebt nicht in der Luft, sondern muss lebenspraktisch sein, anwendbar. Und sie entsteht immer aus realen Erfahrungen, die zu Gewahrsein steigen. Ähnlich, wie durch Materie Gravitation entsteht, wird die Erfahrung in den geistigen Bereich gezogen von dem nach Weisheit suchenden oder dem sich Weisheit offenbaren will. Denn Weisheit geht eigene Wege, und das sind die Wege Gottes.
Materie ist auch Mutter Erde und all die Mitlebewesen. Hier ist unser Umgang wenig von geistiger Liebe oder herzlicher Weisheit durchdrungen. Unser Umgang mit der Schöpfung entspricht unserer Beziehung zum Schöpfer. Auch hier sollte achtsamer und respektvoller Umgang Weisheit befreien. Analog zu dem Umgang mit der Welt ist der Umgang mit den Frauen. Wie die Erde sieht der Mensch und Mann das Weib als Besitz, Dienerin und ausbeutbare Ressource. Das Patriarchat, das selbst keine Begründung außer sich hat, braucht die Unterdrückung des Weiblichen zum Überleben. Es ist ein teuflischer Irrweg.
Mehr den weiblichen Aspekt Gottes, mehr Sophia, mehr Weisheit bräuchte die Menschheit, um der Krise Herr zu werden. Die dem Logos inhärente Kraft, die am meisten Weisheit befreit, ist Agape, die uneingeschränkte, grenzenlose, vorurteilsfreie Liebe. Es liegt an uns, welcher Kräfte wir uns zu unserer bewussten Lebens- und Beziehungsgestaltung bedienen und in welche Richtung wir damit die gesellschaftliche Entwicklung treiben. Mehr Weisheit wagen!
Ganz ehrlich, das habe ich alles noch nicht gewusst – ich kenne mich im Christentum ohnehin nicht besonders gut aus. Was du schreibst, klingt durchaus interessant. Mich würde aber noch etwas beschäftigen: Hat die Kirche diese Wahrheit dann bewusst unterdrückt, weil sie Frauen nicht gleichberechtigt sehen wollte? Oder ist diese Sophia-Tradition eher ein eigenständiger Zweig, der sich gar nicht so zentral in der ursprünglichen christlichen Lehre findet?