15.12.2024, 11:43
(13.12.2024, 18:39)Elevation Eight schrieb:(13.12.2024, 09:55)Melvin schrieb: Was hältst du von:
https://de.wikipedia.org/wiki/Operating_Thetan
?
Ich gehe erstmal nur darauf ein, weil dazu einiges zu erzählen ist:
In der zweiten Hälfte des 19.Jh. entwickelte der Zeitgeist ein neues Interesse am Bewusstsein. Daraus entwickelte sich dann einerseits die Psychologie (wie wir sie heute haben), und andererseits ein neues Interesse an Spiritualität und Magie - letzteres vor allem in England, etwa in der Zeit von 1900-1925. Und sehr viele der später in der Hippie-Zeit aufgekommenen spirituellen Ideen lassen sich auf dem einen oder anderen Weg dahin zurückverfolgen.
Die bekanntesten und m.o.w. bis heute weiterbestehenden magischen Organisationen aus jener Zeit sind die Goldene Morgendämmerung (Order of the Golden Dawn), und die Society of the Inner Light. Aus dem Golden Dawn heraus hat dann ein gewisser Aleister Crowley (der unter Satanisten und Metal-Heads wohlbekannt ist, auch wenn das wahrscheinlich nicht in seinem Interesse war) seine eigene Organisation der Orienttempler (Ordo Templi Orientis) aufgebaut.
Dieser letzteren Organisation, bzw. ihrer kalifornischen Loge, hat sich dann ein gewisser John "Jack" Whiteside Parsons angeschlossen. (Die englische Wikipedia ist unbedingt lesenswert! - sie beschreibt das Leben eines Magiers par excellence)
Dieser Mensch ist in dreierlei Hinsicht außergewöhnlich. Einmal hat er in Kalifornien so ungefähr die erste Hippie-Kommmune betrieben, im Sinne einer art Künstlertreffpunkt mit m.o.w. lockerem Beziehungsverständnis. Zweitens hat er sich mit magischen Arbeiten im Zusammenhang mit dem O.T.O. hervorgetan (was ein eigenes Kapitel ist). Und drittens, und da ist es eine Schande dass das nicht breiter bekannt ist, hat er den Raumflug möglich gemacht, und ist der de-facto Begründer der NASA. Natürlich gibt es andere, Bürokraten, die sich diesbezüglich wichtig machten, aber die konnten keine Raketen bauen. Parsons hat sie gebaut, und hat damit die Welt verändert - denn das ist es, was ein Magier tut.
Nun gab es in dieser Künstlerkommune einen Besucher namens L.Ron Hubbard. Ein Trickbetrüger und Märchenerzähler, auf gut deutsch ein Lump, der sich dort mit seinen ScienceFiction-Geschichten etablierte und i.W. die bestehende sexuelle Freiheit ausgenutzt hat, und letztlich mit Parsons' Geld und Frau abgehauen ist.
Dieser komische Vogel hat dann, nachdem er dort naturgemäß einiges von den Ordensinterna des O.T.O. mitgekriegt hat, dieses sein m.o.w. defizitäres Verständnis von Magie in Buchform gebracht und damit seine eigene "Kirche" names "Scientology" aufgemacht, die i.W. den Zweck hatte, ihm Geld zu beschaffen.
Der besagte "Operating Thetan" ist mithin eine Mischpoke aus einem haufen Blödsinn und einigem was vom O.T.O. geklaut ist.
Grundsätzlich kann man Scientology sinnvoll benutzen. Man braucht dazu eine exzellente Psychohygiene und eine sehr robuste Persönlichkeit. Dann kann man sich dort anschließen, etliches Nützliche abstauben und sich zu gegebener Zeit wieder davonmachen (da die selber auch nie etwas anderes gemacht haben, ist das ohne weiteres ethisch vertretbar). Da es, soviel ich gefunden habe, heute keine seriösen Orden gibt denen man sich ohne weiteres anschließen könnte um zu lernen, kann das durchaus ein praktikabler Weg sein, WENN man eben selber keine signifikanten psychischen Issues hat (aber wer hat die heutzutage nicht).
Einer der diesen Weg gegangen ist, ist Donald Kingsbury. Ein bischen bekannt ist er hierzulande durch seinen Roman "Courtship Rite" (Die Riten der Minne), der in der Goldmann Edition'84 'Die positiven Utopien' veröffentlicht ist. Dabei handelt es sich um eine faszinierende Arbeit über Polygamie und soziale Muster unter marginalen Überlebensbedingungen. Eben genau Themen, die du praktisch nirgendwo ausserhalb einer magischen Laufbahn lernst.
Wo Magie, Wissenschaft und Täuschung tanzen, entsteht oft mehr, als beabsichtigt war – ein leiser Beweis dafür, dass das Bewusstsein stets neue Masken sucht.
The whole man must move together.