Gestern, 10:17
(07.01.2025, 18:44)Voitlanger schrieb: Hallo @melvin,
es freut mich, dich kennenzulernen. Manden hat mir bereits von dir erzählt und dich als jemanden beschrieben, der – im Gegensatz zu ihm, wie er selbst zugibt – keine hohlen Phrasen produziert. Nun habe ich die Gelegenheit, das selbst zu erleben, und ich muss sagen, dein Text bestätigt diesen Eindruck.
Du sprichst einige harte, aber durchaus zutreffende Punkte an. Die Idee, dass die Ratio, die uns zu unserem technischen Fortschritt geführt hat, auch der Ursprung unserer größten Probleme ist, kann ich kaum bestreiten. Es ist tatsächlich so, dass viele der Herausforderungen, die uns heute überwältigen, durch unseren Drang nach Wachstum und Kontrolle entstanden sind. Und ja, der Mensch hat oft bewiesen, dass er eher eskaliert als löst – ein trauriger, aber ehrlicher Blick auf unsere Geschichte.
Auch dein Gedanke über den Glauben hat Gewicht. Es stimmt, dass er für viele mehr Trost als Antworten bietet, oft eine Flucht vor der Angst vor dem Nichts. Aber gerade deshalb hat er wohl auch so lange überlebt – weil der Mensch sich nach etwas sehnt, das ihm Hoffnung und Halt gibt, selbst wenn es nur eine Illusion ist. Vielleicht ist das tatsächlich ein Eingeständnis unserer Schwäche, aber ist diese Schwäche nicht auch eine Form von Menschlichkeit?
Ich stimme dir zu, dass wir oft eher Architekten unserer Tragödie sind als Helden unserer Geschichte. Doch genau diese Tragödie lässt mich fragen: Bedeutet das, dass nichts mehr zu retten ist? Oder liegt vielleicht genau in der Erkenntnis unserer Fehler die Chance, etwas besser zu machen? Vielleicht bleibt uns nichts anderes übrig, als es zumindest zu versuchen – selbst wenn wir dabei grandios scheitern.
Hi Voitlanger!
Wenn wir unsere Fehler als Spiegel begreifen, der uns nicht nur unsere Grenzen zeigt, sondern auch den Raum zur Veränderung, entsteht tatsächlich eine paradoxe Form von Hoffnung.
Die Ratio, die ich als Bedrohung skizziert habe, ist in ihrer Ambivalenz zugleich der Ursprung unserer Tragödien wie auch die Grundlage unseres Gestaltungsvermögens. Vielleicht liegt die Antwort nicht in ihrer Ablehnung, sondern in einer klügeren Anwendung – einer Ratio, die nicht auf Eskalation zielt, sondern auf Mäßigung und Balance.
Ob wir damit unsere Heldenreise finden oder nur die Tragödie verfeinern, bleibt ungewiss. Aber wie du sagst: Das Streben selbst ist ein Zeichen dafür, dass noch Menschlichkeit in uns wohnt – und vielleicht ist das genug, um weiterzumachen.
Herzliche Grüße
Melvin
The whole man must move together.